Maranatha hat geschrieben:
Zeigen Sie mir mal "Belege" das es den Urknall gegeben hat!
LG
Maranatha
Hallo,
die sind in diesem Forum mehrfach angeboten worden. Die wichtigsten Belege sind insbesondere theoretische Vorhersagen, die im Nachhinein durch Beobachtung und Experiment exakt bestätigt werden konnten. Belege nach der Abfolge theoretische Vorhersage -> praktischer Nachweis sind sehr starke Indizien für die Richtigkeit einer Theorie.
Gerne nochmals in aller Kürze:
Wichtigste Grundaussage: Das Universum dehnt sich aus und kühlt dabei ab.
Wichtigste Nicht-Aussage: Die Urknalltheorie sagt nichts aus über ein "vor dem Urknall". Das Zustandekommen des Urknalls ist nicht Bestandteil der Theorie.
Kurz zur Geschichte:
- Der Mathematiker Friedman und kurze Zeit später der mathematische Physiker Lemaitre zeigen unabhängig voneinander, dass die Gleichungen der Allgemeine Relativitätstheorie ein sich ausdehnendes Universum zulassen, wenn man die von Einstein zur "Rettung" eines statischen Universums eingeführte Kosmologische Konstante auf Null setzt (=ignoriert)
- Die zunehmend weiterentwickelte Spektralanalyse zeigt, dass sich (bis auf wenige nahe Sterne) alle Sterne von uns entfernen (Rotverschiebung). Hubble weist schließlich nach, dass die Höhe der Fluchtgeschwindigkeit sich proportional zur Größe der Entfernung verhält.
- Alpher und Gamow liefern eine theoretische Erklärung dafür, wie nach dem Urknall die leichten Elemente H und He entstanden sein müssen, und dafür, dass sie genau in der zu beobachtenden Häufigkeitsverteilung auftreten.
- Hoyle (übrigens Verfechter des Steady-State-Universums!) weist nach, wie über Helium und Beryllium stabile Kohlenstoffe (ergo schwere Elemente) entstehen konnten. (Den bestimmten angeregten Zustand von C-12-Kernen als notwendiges Bindeglied zwischen Helium und Beryllium und stabilen schwereren Elementen hat Hoyle präzise vorhergesagt hat und später selbst experimentell nachweisen können.)
- Gamow, Alpher und Herman berechnen in der 40er Jahren, dass das Universum ca. 300.000 Jahren nach dem Urknall genug abgekühlt war, dass sich Wasserstoffatome aus freien Protonen und Elektronen bilden konnten. Ab diesem Zeitpunkt muss sich Strahlung (Licht!) ungehindert im Raum fortgepflanzt haben können. Diese Strahlung muss sich (durch die Dehnung des Raumes in den Mikrowellenbereich gestreckt) noch heute im gesamten Universum ausbreiten. Die Urknalltheorie sagt also die Existenz und die Eigenschaften einer gleichförmigen kosmischen Hintergrundstrahlung als Relikt aus der Kinderstube des Universums voraus.
- Penzias und Wilson stoßen in den 60er Jahren zufällig auf die vorhergesagte kosmische Hintergrundstrahlung, die genau die Eigenschaften hat, die Gamow und Kollegen vorhergesagt haben. Dieser Erfolg nach dem Prinzip "theoretische Vorhersage -> Bestätigung durch Beobachtung/Experiment" ist ein kaum zu ignorierendes Indiz für die Richtigkeit der Theorie.
- In den 80ern erweitert Guth die Urknalltheorie mathematisch um das Modell einer extrem kurzen Expansion des Raumes von gigantischen Ausmaßen in der Frühzeit des Universums (Inflation), der eine gemächlichere Ausdehnung folgte. Die Inflationstheorie erklärt die Flachheit des sichtbaren Universums (Flachheitsproblem) sowie seine Gleichförmigkeit (Horizontproblem).
- Das COBE-Team weist mit Satellitenmessungen in den 90ern nach, dass die Hintergrundstrahlung winzige Wellenlängenschwankungen aufweist. Die Messungen belegen, dass im frühen Universum Dichteunterschiede geherrscht haben und es zur Entstehung von Materieansammlungen (-> Galaxien) kommen konnte. Damit liefert COBE überzeugende Belege für Inflationstheorie.
Welche Erklärungen das Urknallmodell liefert:
Rotverschiebung und expandierendes Universum: Entspricht einem Universum, das aus einem dichten Zustand entstanden ist und sich seither ausdehnt. (Modelle eines statischen, ewigen Universums haben hierfür keine hinreichende Erklärung.)
Häufigkeitsverteilung der Atome: Die beobachtete Häufigkeit leichter Atome entspricht den Aussagen der Urknalltheorie, schwere Atome werden in den Sternen produziert. (Modelle eines statischen, ewigen Universums haben für ersteres keine Erklärung.)
Kosmische Hintergrundstrahlung: Die 3K-Strahlung wurde von der Urknalltheorie vorausgesagt und später nachgewiesen. (Modelle eines statischen, ewigen Universums haben hierfür keine Erklärung.)
Entstehung der Galaxien: Winzige Schwankungen in der kosmischen Mikrowellenstrahlung sind ein vorhergesagter Beleg für Dichteunterschiede im frühen Universum. Es konnte somit zu Materieansammlungen kommen. (Modelle eines statischen, ewigen Universums haben hierfür eine andere Erklärung: Es gibt keine anfängliche heftige Ausdehnung, Galaxien haben genug Zeit, um sich zu entwickeln und zu vergehen.)
Verteilung der Galaxien: Wir beobachten junge Galaxien (z.B. Quasare) nur in extrem großen Entfernungen, nicht aber "in der Nähe", da sie nur kurz nach dem Urknall existiert haben können. (Modelle eines statischen, ewigen Universums haben hierfür keine Erklärung. Ihnen zufolge müsste es überall im Universum auch junge Galaxien geben.)
Alter des Universums: Die Objekte im Universum sind jünger als das Universum selbst. (Modelle eines statischen, ewigen Universums haben hierfür keine Erklärung: Warum gibt es keine Objekte, die älter als 13 Mrd. Jahre sind?)
Um die Inflationstheorie erweitert, erklärt die Urknalltheorie zudem die Flachheit des sichtbaren Universums (Flachheitsproblem) und die Gleichförmigkeit des sichtbaren Universums (Horizontproblem).
Ist die UTh also definitiv richtig?
Nö. In der Naturwissenschaft gibt es keine Beweise für eine Theorie. Eine wissenschaftliche Theorie, und sei sie noch so gut belegt, ist eine gute Näherung an die Realität, die dynamisch ständig überprüft, angepasst und erweitert wird. Sie ist jedoch keine ultimative Beschreibung der Wirklichkeit nach dem Motto "So ist es und nicht anders, jetzt wissen wir 100%ig, wie es ist/war". Ja, Theorien werden durch Belege und Beobachtungen mitunter eindrucksvoll und so massiv untermauert, dass die Richtigkeit der Theorie kaum mehr seriös angezweifelt werden kann. Nein, Theorien kennen keine Beweise. Es gibt in der Naturwissenschaft niemals den alle Zweifel ausräumenden allgemeingültigen Beweis, den mathematischen Beweis ausgenommen.
Allerdings gehört die Urknalltheorie zu den am besten ausgearbeiteten und belegten physikalischen Theorien, die jemals entwickelt worden sind. Das wichtige mathematische Fundament ist gesichert, sie erklärt Beobachtungen schlüssig, sie trifft Prognosen, die durch Beobachtung bestätigt werden, sie übersteht seit den Anfängen jeden Versuch der Falsifizierung. Tatsache ist sie nicht, aber Zweifel müssen schon gut begründet sein.